Flexibilität ist gefragt

Forscher entwickeln immer komplexere Wirkstoffe und Therapien – was muss produktionsseitig passieren, damit diese schnell und sicher beim Patienten ankommen? Das fragten wir Hartmut Schaz, Experte für Fill & Finish steriler Medikamente bei NNE.
Hartmut Schaz studierte Pharmatechnik an der Hochschule Albstadt-Sigmaringen. Als Experte für Fill & Finish steriler Medikamente ist er bei dem Engineering- und Beratungsunternehmen NNE tätig und betreut seit über 25 Jahren weltweit verschiedenste Projekte im Bereich der aseptischen Abfüllung.
Hartmut Schaz, Global Technology Partner, aseptische Fill & Finish-Prozesse, Pharmaplan GmbH
Hartmut Schaz, Experte für Fill & Finish steriler Medikamente bei NNE.

Ist Industrie 4.0 schon in der Pharmaindustrie angekommen?

Zunächst muss man sagen, dass die Pharmaindustrie im Vergleich zu anderen Industriezweigen eine sehr konservative Industrie ist. Während in anderen Bereichen die Automatisierung durch Roboter schon zum Alltag gehört, sieht das in der Pharmabranche anders aus. Sie setzte bisher auf Beständigkeit und Optimierung statt auf technische Revolution. Einer der wichtigsten Gründe hierfür ist, dass Änderungen im Produktionsablauf eine erneute Genehmigung der regulierenden Behörden notwendig machen, was Zeit und Geld kostet und deshalb oftmals aus diesem Grund nicht erfolgen.

 

Immer wichtiger wird das aseptische Abfüllen von Medikamenten – welche Entwicklungen sehen sie hier?

Bei der aseptischen Abfüllung sehen wir einen starken Trend zur Barrieretechnologie. Darunter verstehen wir die strikte physische Trennung zwischen dem Bereich, in dem das Medikament verarbeitet wird, und dem Operator, der die Maschine betreut. Denn faktisch stellt der Mensch die größte Kontaminationsquelle dar.

Heutzutage läuft die Abfüllung von sterilen Arzneimitteln zunehmend in einem geschlossenen Isolator ab und der Operator kann über Handschuhe, wenn notwendig, eingreifen. Prinzipiell sind Produkt und Mensch also physisch getrennt. Die Handschuh-Eingriffe stellen dennoch ein potentielles Kontaminationsrisiko dar, sollten diese Defekte aufweisen. Zudem gibt es derzeit keine praktikable Testmethode, um Handschuhe im eingebauten Zustand auf ihre Dichte im Bereich kleiner 10µm zu testen, obwohl viele Bakterien in der Größeneinheit liegen.

 

Wie könnte man dieses Risiko umgehen?

Indem sterile Prozesse komplett maschinell gesteuert werden. Meiner Meinung nach wird sich die Industrie bis 2050 so weit entwickeln, dass die aseptische Abfüllung in einem Isolator ohne Handschuhe stattfindet. Alle notwendigen Eingriffe in den Produktionsprozess werden dann von Robotern übernommen, welche im Isolator eingebaut sind.

 

Welche Herausforderungen erwartet die Industrie?

In der Pharmabranche gibt es zwei Welten. In der einen geht es um die Herstellung von Massenprodukten wie z. B. Insulin oder Anästhetika, die in riesigen Stückzahlen möglichst effizient hergestellt werden. Auf der anderen Seite entwickelt die Arzneimittelforschung immer mehr Medikamente, die in sehr kleinen Chargen spezifisch für bestimmte kleine Patientengruppen entwickelt werden und dementsprechend auch in sehr kleinen Stückzahlen gefertigt werden müssen. Pharmahersteller müssen folglich deutlich flexibler werden. Schließlich sollte beim Umrüsten der Anlage von einem Produkt zu einem anderen nur wenig Zeit verloren gehen. Ready-to-use (RTU) Lösungen, die idealerweise einen Standard- oder Plattformgedanken verfolgen, sind hier als einer der „Enabler“ zu sehen, um die Umrüstzeiten möglichst gering zu halten.

 

Können Sie das genauer erklären?

Jede Standardisierung oder Plattform ist wünschenswert für die Pharmaindustrie. Ein standardisiertes Tub-Format der Container, wie beispielsweise bei der SCHOTT iQ® Plattform, schafft mehr Flexibilität für Pharmahersteller, reduziert den Invest und verkürzt die Umrüstzeiten. Dabei wird deutlich, dass die Branche durch den Einsatz von RTU und Industriestandards weiter vorangetrieben wird und dieser Gedanke auch zunehmen wird.

 

Welche weiteren Gründe sprechen für ready-to-use Plattformen?

Sie eliminieren Glas-zu-Glas Kontakt, da das Packaging in einem Nest fixiert ist. Insgesamt verringern RTU-Systeme den Ausschuss, was besonders für teure Medikamente wie z. B. Immuntherapien ein signifikanter Vorteil darstellt, der zukünftig immer wichtiger werden wird.

 

1. Juni 2018

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Robert Lindner, Global Product Manager
Dr. Robert Lindner

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