Emissionen reduzieren, Luftqualität verbessern

Dipl.-Ing. Frank Kienle ist seit mehr als 20 Jahren Geschäftsführer des Industrieverbandes Haus-, Heiz- und Küchentechnik e. V. (HKI). Der Verband repräsentiert und berät rund 220 Unternehmen in den Herstellergruppen ‘Gewerbliches Kochen / Catering’ sowie ‘Häusliche Heizgeräte’. Klima- und Umweltschutzregularien stellen insbesondere die rund 100 HKI Mitgliedsunternehmen, die Heizgeräte für feste Brennstoffe vermarkten, vor große Herausforderungen.
Dipl.-Ing. Frank Kienle, Geschäftsführer des Industrieverbandes Haus-, Heiz- und Küchentechnik e. V. (HKI)

Dipl.-Ing. Frank Kienle ist Geschäftsführer des Industrieverbandes Haus-, Heiz- und Küchentechnik e. V. (HKI) mit Sitz in Frankfurt/ Main.

Welche Aufgaben hat der HKI als Repräsentant der Heizgerätehersteller? 

Der HKI ist die Interessenvertretung der Branche gegenüber politischen Entscheidungsträgern in der Landes-, Bundes- und Europapolitik. Der Verband informiert seine Mitglieder über aktuelle branchenrelevante Themen wie Rechtsetzungsverfahren, Regulierungs- und Normungsthemen für Feuerstätten sowie technische Forschungs- und Entwicklungsthemen, klärt auf und gibt wertvolle Tipps. Aufgrund vielfältiger gesetzlicher und technischer Neuerungen ist es für die weitestgehend mittelständigen und kleinen Unternehmen im Bereich Heizgeräte kaum möglich, den Überblick in diesem Themenbereich zu behalten. Zudem bereiten wir aktuell eine europäische Messe für „Häusliche Feuerungen“ vor, die ab 2023 die bisherige Präsenz auf der ISH in Frankfurt am Main ersetzen soll.

 

Welche äußeren Faktoren beeinflussen die Heizgerätebranche aktuell maßgeblich?

Während die Holzfeuerung lange Zeit traditionell dekorativ eingesetzt wurde und immer noch wird, verzeichneten die Hersteller ab der Jahrtausendwende eine enorme Steigerung der Verkaufszahlen von 150.000 auf 600.000 Geräten pro Jahr. Grund dafür waren die nach der Ölkrise in den 1970er Jahren kontinuierlich gestiegenen Öl- und Gaspreise mit der Folge, dass die Holzbefeuerung zunehmend attraktiver wurde. Unter anderem durch verschärfte Umweltauflagen für Holzfeuerungsanlagen durch das Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG) im Jahr 2010 und in der 2. Stufe in 2015, ging der Markt leicht zurück. Bedingt durch Corona und den Cocooning-Effekt stiegen die Verkaufszahlen allerdings stark an – denn viele Menschen haben ihr Zuhause verschönert und in dieses investiert, und dazu gehört zum Beispiel oft auch ein neuer Kaminofen oder ein Heizkamin.

Ab 2022 werden die Emissionsgrenzwerte von Öfen und weiteren Feuerstätten durch eine weitere Norm auf europäischer Ebene ergänzt, der Ökodesign-Richtlinie, die bereits 2015 verabschiedet wurde. Diese soll EU-weit dazu beitragen, die Luftqualität zu verbessern. Bei der Ökodesign-Durchführungsverordnung wurden neue, verschärfte Kriterien für den Wirkungsgrad und unter anderem Staubemissionen festgelegt, die ebenfalls ab 2022 erfüllt sein müssen. Und auf Empfehlung der WHO muss damit gerechnet werden, dass zeitnah ebenso die Luftqualitätsrichtlinien verschärft werden.

All das erhöht die umwelttechnischen Anforderungen an die Produkte und fordert Heizgerätehersteller immer wieder aufs Neue heraus. Denn der bürokratische Aufwand, um Regulierungen umzusetzen, ist hoch. Zum Teil gibt es für Produkte mehrere parallele Regulierungen mit Dokumentationspflichten – ein Riesenproblem gerade für kleinere Unternehmen, die über wenig „Manpower“ verfügen.

 

Was bedeutet die aktuell starke Verknappung von Rohstoffen für die Branche?

Die Verknappung der Rohstoffe wie Stahl und Edelstahl ist meiner Meinung nach größtenteils künstlich erzeugt – durch Zölle, Steuern und Spekulationsgeschäfte, für die letztlich der Nutzer zahlt. Die Effekte sind aber auch durch die Corona-Krise bestimmt. Das Resultat sind Lieferengpässe und hohe Transportkosten, die für unsere Mitglieder ein großes Problem sind. Gerade vor dem Hintergrund, dass durch den Cocooning-Effekt in den letzten Monaten Heizgerätehersteller sogar profitiert haben und der Markt boomt. Beim Rohstoff Lithium, der unter anderem für hitzebeständigen Glaskeramik-Sichtscheiben für Einzelfeuerstätten gebraucht wird, stehen wir vor einer anderen Entwicklung: Da die Nachfrage nach Lithium als Batterierohstoff im Rahmen der zunehmenden Elektromobilität stark angestiegen ist, verknappt das Angebot von Lithium für andere Branchen wie beispielweise Glashersteller. Das kann zu Preiserhöhungen bei Lithium führen. Ähnliche Auswirkungen sehen wir aktuell auch bei Verpackungsmaterial wie zum Beispiel Holz oder Pappe.

 

Könnte sich die Verknappung von Holz kritisch für den Kamin- und Ofenbau auswirken?

Der Baustoff Holz ist in der Tat knapp, das hat unter anderem mit dem derzeitigen Bauboom in den USA und China zu tun. Bei einem Baum können nur rund 50 Prozent als Bauholz genutzt, der Rest kann als Scheitholz oder für die Pellet Herstellung verwendet werden. Ich gehe davon aus, dass sich beispielweise Palettenholz verteuert, es aber zu keiner Verknappung bei Feuerholz kommen wird. Zum Verständnis: Jährlich werden rund 20 Millionen Kubikmeter Holz in Deutschland verbrannt und wenig importiert. Genutzt wird dabei auch Holz, das durch Borkenkäferbefall oder ausgetrocknet nur noch zum Verbrennen geeignet ist. Die Verfügbarkeit von Holz als Brennstoff ist also kein Problem.

 

Was empfehlen Sie den Herstellern von Holzfeuerungsanlagen vor dem Hintergrund Klima- und Umweltschutz sowie Nachhaltigkeit?

Von regulatorischer Ebene erwarten wir, dass Emissionen bei der Holzverbrennung auf jeden Fall weiter reduziert und die Luftqualität verbessert werden müssen. Ich sehe bei jeder Energie, die Holz nutzt, noch großes Potential. Etwa durch Einsatz von Katalysatoren oder Abscheidemechanismen, die bestimmte Schadstoffe, wie gesundheitsschädlichen Ruß in den Abgasen, abscheiden und damit dessen Ausstoß stark reduzieren. Auch bei der Verbrennung von Festbrennstoffen kann in der Ofentechnik weiter optimiert werden: Hier muss beispielsweise die Temperatur im Brennraum schnell oder schneller erhöht werden, so dass der Verbrennungsprozess entsprechend optimal ablaufen kann. Dabei ist es auch energetisch vorteilhaft, und da kommt SCHOTT ins Spiel, wenn möglichst wenig Strahlungshitze durch die Kamin- oder Ofensichtscheibe gelangt.

Beim EU „Green Deal“ stehen Klimaschutzziele im Vordergrund und die Forderung, die Nachhaltigkeit von Produkten weiter zu steigern und diese in Kreislaufprozesse zu bringen. Das ist bei Holzfeuerungsanlagen bereits gegeben: Die Produkte sind sehr langlebig und verfügen übe ein gutes Ersatzteilprogramm. Sobald das Lebensende der Anlagen erreicht ist, lassen sich die einzelnen Komponenten – Stahl, Metall, Stein, Glaskeramik – sehr gut recyceln. Die Materialkreisläufe bringen jedoch aufgrund der Transportkosten für die zu recycelten Stoffe auch erhöhte Preise für den Endkunden mit sich.

 

Wie können sich die Heizgerätehersteller gegenseitig differenzieren? Wohin entwickelt sich die Branche?

Für alle Hersteller gibt es strenge einheitliche Regularien. Eine Differenzierung untereinander ist nur möglich durch individuelle Designs, beispielsweise mit großen Scheiben, was aktuell sehr gefragt ist. Für Vielfalt stehen die vielen Handwerksbetriebe und Gerätehersteller, die flexibel auf Kundenwünsche eingehen können. Jetzt, wo das Ofenbauhandwerk boomt, wird allerdings auch deutlich, dass es an Nachwuchs mangelt und dringend Handlungsbedarf besteht. Hinzu kommt der Trend in Richtung Onlinehandel, den ich skeptisch sehe. Denn um Kunden eine Mannigfaltigkeit von Kaminen, Kreativität und Individualität anzubieten statt Massenware, braucht es gute Beratung im Handel und flexible Handwerksbetriebe.

Wie auch in den vergangenen Jahrzehnten wird der Ambientefaktor bei Holzöfen- und Kaminen eine wichtige Rolle spielen, auch wenn gesetzliche Auflagen für neue Kamine und Öfen anspruchsvoller werden. Um die Branche muss man sich keine Sorgen machen. In zehn Jahren wird der Absatz an Kaminen und Kaminöfen vermutlich weiter steigen – wenn der Druck, fossile Energieträger zu reduzieren, weiter zunimmt, die Energiepreise steigen und CO2-Steuern noch mehr greifen als heute. Ergänzende Heizsysteme werden in den nächsten Jahren ihre Nische nutzen und sich verstärkt etablieren können. Es wird einen Kompromiss geben müssen, denn Klimaschutz muss bezahlbar bleiben. Ich denke, wir werden letztlich neben Wind- und Solarenergie einen Mix aller vorhandener Brennstoffe – Holz, Erdgas, Wasserstoff bis hin zu Methanisierung von Wasserstoff – gepaart mit intelligenten Technologien nutzen müssen, um die Klimaziele zugunsten unseres Planeten zu erreichen.



03. September 2021

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Vanessa Pehnelt
Vanessa Pehnelt

Head of Marketing SCHOTT ROBAX® & SCHOTT NEXTREMA®